NOVEMBER 2024 – Eine Art Reifeprüfung legte die Oberösterreich Philharmonie unter Matthias Achleitner im Brucknerhaus ab. Zu Ehren „50 Jahre Brucknerhaus“ spielte der vom Dirigenten inmitten der Gesundheitskrise 2021 gegründete Klangkörper mit 80 durchwegs jungen hochtalentierten Musikern ein fulminantes Konzert mit einem außergewöhnlichen Programm.
Dazu der Fachkommentar von OÖN-Redakteur Helmut Atteneder
Da wächst etwas heran: Am Dirigentenpult steht mit Matthias Achleitner ein 22-Jähriger – was auch dem etwaigen Durchschnittsalter der Musiker der von ihm gegründeten Oberösterreich Philharmonie entspricht. Im gut besuchten Brucknerhaus spendet das Publikum stehend Applaus.
Der erste Auftritt des 81-köpfigen Klangkörpers am Mittwochabend war als Happy Birthday Tribute zum 50er des Konzerthauses an der Donaulände gedacht, gleichzeitig war es auch so etwas wie ein brillanter Leistungsnachweis des vor drei Jahren gegründeten Orchesters.
Dirigent und Moderator
Matthias Achleitner (im Bild Trompetensolo als Zwölfjähriger in Bad Schallerbach) hat sich viel vorgenommen für dieses rund zwei Stunden dauernde, kurzweilige Ständchen. Das Programm kann als Querschnittsmaterie der Genres gelesen werden: Marsch, Walzer, Tanz (slawisch, russisch, ungarisch), Operette, Oper – und im zweiten Teil, quasi als Reifeprüfung, Camille Saint-Saens’ epochale "Orgelsymphonie" in c-Moll. Dazwischen agiert der Dirigent als Moderator mit Schmäh in der Selbstvermarkter-Kiste.
Gleich zum Auftakt erreicht das Orchester Betriebstemperatur. Den "UNO-Marsch" von Robert Stolz dirigiert Matthias Achleitner militärisch-zackig, wiewohl er das eingängige Werk als Zeichen des Friedens interpretiert wissen will. Bei der Ouvertüre zu "Dichter und Bauer" von Franz von Suppè wird die hohe musikalische Kompetenz der großteils jungen Musikerinnen und Musiker entblättert. Die einzelnen Streicher-Register kommunizieren mit- und untereinander, und Solo-Cellistin Lida Limmer kombiniert bei ihrem anspruchsvollen Solopart hohe Kunst mit empathischem Vortrag.
Antonin Dvoraks "Slawischer Tanz" hätte mehr Fülle bei den Streichern vertragen, bei Johannes Brahms’ "Ungarischem Tanz" ist alles da, setzt die Oberösterreich Philharmonie ein Rufzeichen. Bei Alexander Borodins "Polowetzer Tänzen" legt es die teils schwermütige russische Seele frei, bei Gerónimo Giménez y Bellidos "Intermedio" (aus "La boda de Luis Alonso") die feurig-spanische.
Die Wucht der Orgel
Camille Saint-Saens hat nach Fertigstellung seiner "Orgelsymphonie" gesagt, dass er mit diesem Werk alles gegeben habe, was er geben könne. Dies gilt auch für die mitreißende Interpretation der Oberösterreich Philharmonie, die bei dem 45-minütigen Werk keine Schwäche erkennen ließ. Spektakulär an der Orgel agierte der Waldviertler Daniel Freistetter. Einziges Manko: Gegen die Wucht der Orgel stand das Orchester stellenweise auf verlorenem Posten und war kaum mehr hörbar. Dennoch: Reifeprüfung bestens bestanden.
Fazit: Von Dirigent und Orchester wird man noch viel Gutes hören.
Das jugendliche Engagement für diesen so erstaunlichen Klangkörper kann man auch unter den Fotos von Fotograf Andreas Maringer erkennen, Link https://www.eventfoto.at/event/achleitner-ooe-philharmonie/