Pressekonferenzen beim Bürgermeister der Stadt Wels waren bis zu den Gemeinderatswahlen 2015 jahrelang eher frustrierend. Die vielen Ankündigungen standen zwar auf einem vorbereiteten Papier, die Umsetzungen vieler vorgestellter Projekte blieb man aber vielfach schuldig. Schlagzeilen und - besonders wichtig - Politiker auf Fotos zierten die Medien, dank der Vergesslichkeit erinnerten sich später nur wenige an die nicht eingehaltenen Versprechungen.
Ganz anders seit einigen Monaten. Bürgermeister Dr. Andreas Rabl überrascht immer wieder mit raschen Entscheidungen und eingeleiteten Neuordnungen. Er bestätigt seine jahrelang geäußerte Kritik an der Schuldenpolitik seiner Vorgänger nicht mit einem Blick in die Vergangenheit, sondern berichtet glaubhaft über den unbeugsamen Willen die Stadtverwaltung schlanker zu machen und die jährliche Neuverschuldung (derzeit 10 bis 12 Mio. Euro) spürbar zu reduzieren. Die Koaliationspartner sind sich jetzt einig, der Bürgermeister und VP-Stadtparteiobmann Dr. Peter Csar legten dies bei einer Pressekonferenz klar.
Angekündigter Kassasturz sorgte für Klarheit
Für den Haushalt 2015 war es notwendig Darlehen in Höhe von 16 Mio. Euro zur Defizitabdeckung aufzuwenden. Im ordentlichen Haushalt standen den Einnahmen (176,4 Mio. Euro) Ausgaben in Höhe von 178,6 Mio. Euro gegenüber. Die wesentlichsten Ausgaben lagen dabei im Bereich Personal (69,9 Mio. Euro), Sachausgaben (50,2 Mio. Euro) und Transferzahlungen an Träger öffentlichen Rechts (29,5 Mio. Euro). Auch die Subventionen stiegen im Vergleich zu 2014 von 10,3 Mio. Euro auf 11,6 Mio. Euro an.
Die Ausgabenentwicklung wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen, insbesondere im Personalbereich sowie bei Transferzahlungen an das Land OÖ, sofern keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Daher ist es dringend notwendig, eine Strukturreform am Magistrat Wels einzuleiten. Der Schuldenberg von rund 90 Mio. Euro wird zum überwiegenden Teil durch den Verkauf der Anteile an der Allgemeinen Sparkasse (72 Mio. Euro) abgebaut werden.
Start eines Restrukturierungsprozesses
Zur Durchführung dieses Restrukturierungsprozesses wurden erfahrene Unternehmen eingeladen. Die ICG Integrated Consulting Group GmbH, die bereits zahlreiche Städte beraten und begleitet hat, wird eine Aufgaben- und Leistungsanalyse des Magistrats durchführen.
Überdies wird für die Durchführung einer Effizienzanalyse der städtischen Verwaltung die KPMG Advisory GmbH beauftragt. Außerdem wurden vorab Anfragen über durchgeführte Strukturprozesse bei anderen Städten gestellt und Gespräche mit den Verantwortlichen der Stadt Wiener Neustadt geführt. Diese führen derzeit sowohl mit der Firma KPMG, als auch mit der Firma ICG Projekte zur Neustrukturierung ihres Hauses durch.
Prozess der Aufgabenkritik und Leistungsanalyse
ICG wird mit der Durchführung der Aufgaben- und Leistungsanalyse beauftragt. Der Ablaufplan gliedert sich in Klarheit über Ausgangssituation, Klarheit über finanzielle Zukunft, Strategie, Identifikation der Potenziale, Entscheidung und konsequente Umsetzung.
Die erste Ideensuche soll in einem Workshop mit Bürgern, Vertretern der Verwaltung sowie der Politik erfolgen. Im Zuge dessen wird der Bürgerbeteiligung ein hoher Stellenwert eingeräumt. Danach sollen diese Ideen auf ihre Umsetzbarkeit und Effizienz geprüft sowie eine vertiefte Suche nach Potenzialen in ausgewählten Bereichen gestartet werden.
Im Zuge eines Potenzialkatalogs wird eine Aufgaben- und Produktkritik erstellt. Diese Aufgaben- und Produktkritik berücksichtigt sowohl die strategisch-politische Dimension der Effektivität als auch die Frage der Effizienz und Wirtschaftlichkeit der einzelnen Aufgaben der Stadt.
Danach wird es im Zuge politischer Diskussionen zu Entscheidungen sowie der entsprechenden Beschlussfassung noch im Herbst kommen. Damit könnte noch heuer mit der Umsetzung begonnen werden.
Prozess der Effizienzanalyse und Restrukturierung
Die KPMG wird den Prozess der Effizenzanalyse begleiten. Dabei wird geprüft, wie Verwaltungsabläufe deutlich effizienter gestaltet werden können. Im Zuge dessen werden die Arbeitsproduktivität und Tätigkeitsverteilung sowie die Struktur des Führungs- und Steuerungssystems der Organisationseinheiten analysiert.
Gemeinsam mit der KPMG werden im Zuge dieses Projektes Effizienzziele sowie eine Neukonzeption der Aufbau- und Ablauforganisation erarbeitet. Die Kosten für die Effizienzanalyse belaufen sich auf 86.400 Euro zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer.
Die Koalition, die sich auch in regelmäßigen "Jour Fix" mit den Themen auseinandersetzt, ist sich einig - es muss jetzt rasch gehandelt werden.
Bürgermeister Dr. Andreas Rabl dazu: "Die ausgewählten Beratungsunternehmen konnten mit ihren Konzepten überzeugen. Mit Unterstützung dieser externen Experten geht es nun darum, das Haus Magistrat zu modernisieren und finanzielle Spielräume zu erarbeiten, um das Dienstleistungs- und Infrastrukturangebot der Stadt Wels auch in Zukunft finanzieren zu können. Die Einsparungspotenziale derartiger Projekte zeigen sich bei der Strukturreform in Wiener Neustadt. Alleine durch die erarbeiteten Maßnahmen spart die Stadt Wiener Neustadt jährlich 18 Mio. Euro".
Dr. Peter Csar für Koalitionspartner ÖVP dazu: "Nur mit einer strikten Aufgabenkritik können kostenintensive Leerläufe im Hause Magistrat aufgezeigt und abgestellt werden. Sämtliche Aufgaben und Leistungen gehören nach dem Gesichtspunkt der zu erzielenden Wirkungen neu definiert, denn nur so kann ein effektives und effizientes Bürgerservice angeboten werden. Eine schlanke Verwaltung mit klaren Strukturen ist für den Bürger, aber auch für die Verwaltung das A und O eines modernen Verwaltungsbetriebes ".
Wie sich doch die Zeiten ändern...
Wie viele Pressekonferenzen mussten jahrzehntelang Journalisten "ertragen", in denen immer wieder Reformen und Einsparungen angekündigt wurden. In Gemeinderatssitzungen verhinderten dann oft Anträge zur Geschäftsordnung ("Rücküberweisung in die Ausschüsse") viele Entscheidungen.
Der offensichtlich lockere Umgang mit Steuergeldern und vor allem die mangelnde interne Kontrolle zeigten sich besonders durch den Welldorado-Skandal. Die Kontrollstelle erlaubte sich dabei die Meldung, man habe die Abteilung zum letzten Mal vor zehn Jahren (!) geprüft. Und der neueste Fall (die jahrelange Nichtbeachtung der "Überbezahlung" der ehemaligen Vizebürgermeisterin) zeigt wohl deutlich wie wichtig eine völlige politische Neuordnung war.
Ungewohnt. Der neue Bürgermeister ist Jurist, durch seinen Beruf vieles gewohnt und deshalb nicht so leicht zu erschüttern. Nicht einmal sechs Monate ist er im Amt, doch er hat schon viele Baustellen geöffnet und erstaunlich viele Änderungen zumindest in Auftrag gegeben. Doch vieles ist nicht bis kaum möglich, denn die diktatotrische Beamtenstruktur in Österreich hat besonders für ihr Klientel viele Absicherungen (siehe sichere Arbeitsplätze) geschaffen. Die auf Negativmeldungen lauernden Schreiberlinge sind aber noch immer verblüfft...